Am 31.12.2022 war die AfD noch nicht „radikalisiert“ und verfassungsfeindlich; nun, seit November 2023, soll sie „rechtsextremistisch“ sein, und zwar „gesichert“. Was hat sich inzwischen geändert? Die Umfragergebnisse.

IMAGO
Der „Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt für das Jahr 2022“ wurde am 20. Juni 2023 präsentiert und ins Netz gestellt. Der Bericht umfasst 284 Seiten (ohne Anhang), und der Name „AfD“ kommt darin überhaupt nicht vor.

Viereinhalb Monate nach Erscheinen des Berichts, am 7. November, bewertete der sachsen-anhaltinische Verfassungsschutz die AfD – die bei der Landtagswahl 2021 mit 21,8% nach der CDU (34,1 %) zweitstärkste Partei geworden war und aktuell nach einer Umfrage vom 24. Oktober mit 33% stärkste Partei sein würde – plötzlich als „gesichert rechtsextremistisch“.

Kennen Sie Sven Liebich? Im Verfassungsschutzbericht 2022 für Sachsen-Anhalt (im Folgenden „Bericht“) sind ihm unter der Überschrift „Rechtsextremistische Aktivitäten von Sven LIEBICH“ dreieinhalb Seiten gewidmet (weit mehr als irgendeiner anderen Person). Als seine Spezialität gilt „das Durchführen von Versammlungen“, und die Verfassungsschützer erkennen an, dass er darin „quantitativ betrachtet bundesweit ohne Vergleich“ ist: „Neben seinen etablierten ‚Montagsdemos‘ führte er im Zusammenhang mit coronabedingten Beschränkungsmaßnahmen zusätzlich eine Vielzahl von Versammlungen in Halle (Saale) … durch.“ Außerhalb Sachsen-Anhalts „besuchte LIEBICH mehrfach ‚[Corona-]Spaziergänge‘ in Dresden (Sachsen)“, war bei einer „Versammlung in Warnemünde (Mecklenburg-Vorpommern) unter dem Motto Sichere und saubere Straßen – Sichere und saubere Heimat … alleiniger Redner “, und bei einem Besuch der Bayreuther Festspiele durch Ex-Kanzlerin Merkel am 25. Juli 2022 hielt er dort „unter dem Motto Hallo Elite, das Volk ist da – Merkeljugend in Bayreuth“ eine Kundgebung ab. Zu den Versammlungen Liebichs kamen, laut Schätzung des Verfassungsschutzes, maximal 50 Personen: „Allerdings wird dies seinen Aktivismus nicht schmälern“, schlussfolgert der Bericht (S. 60).

Der „Rechtsextremist Sven LIEBICH“ (S. 57) – der vom Verfassungsschutz keiner Partei oder Gruppierung zugeordnet wird – organisiert also Veranstaltungen und hält Reden; Gewalt übt er nicht aus und fordert auch nicht dazu auf. Die linksextremistische Szene in Sachsen-Anhalt ist handfester, über die „Autonomen“ heißt es im Bericht:
„Eine Demonstration ist für Autonome … erst ein Erfolg, wenn es zu Ausschreitungen und Angriffen auf die Polizei und den politischen Gegner kommt. Den scheinbar spontan verübten Gewalttaten gehen häufig konkrete Planungen voraus, so dass etwa im Verlauf der Aufmarschstrecke Steindepots angelegt … werden.“ (S. 153)
Neben öffentlichen Aktionen führen die sachsen-anhaltiner Autonomen – heute stärker als früher – auch „klandestine Aktionen“ durch, nämlich „(Brand-)Anschläge gegen symbolträchtige Objekte wie Fahrzeuge, Gebäude oder sensible Infrastruktur“, wobei es zu „erheblichen Sachschäden“ kommen kann sowie „schweren und schwersten Verletzungen von Menschen“.

Diese – so der Bericht (S. 135) – „realweltlichen Gewalthandlungen“ prägen in Sachsen-Anhalt viel stärker den Linksextremismus als den Rechtsextremismus, zu dem amtlich jetzt auch die AfD gehört: ihr Extremismus scheint in einer Gedanken- und Diskurswelt zu liegen, wo – laut Verfassungsschutz – „zahlreiche muslimfeindliche, rassistische und auch antisemitische Aussagen von Funktions- und Mandatsträgern“ ermittelt und ausgewertet wurden.

Es stellt sich die Frage, warum man diese Aussagen nicht schon früher fand. Die amtliche Antwort, die AfD habe sich „seit der Corona-Pandemie radikalisiert“ überzeugt schon chronologisch nicht: Die Pandemie dauerte in Deutschland vom Frühjahr 2020 bis Herbst 2022, die „Radikalisierung“ der AfD müsste also schon 2022 sichtbar geworden sein und entsprechend im Verfassungsschutzbericht für dieses Jahr erscheinen. Im Registeranhang des Berichts werden 74 (vierundsiebzig) Parteien und Gruppierungen genannt, die „verfassungsfeindliche Ziele verfolgen“, aber die AfD ist nicht darunter. Am 31.12.2022 war also die AfD noch nicht „radikalisiert“ und verfassungsfeindlich; nun, seit November 2023, soll sie „rechtsextremistisch“ sein, und zwar „gesichert“ (als ob es einen wissenschaftlichen Beweis dafür gäbe).

„Immer noch verfassungswidrig“
Der deutsche Inlandsgeheimdienst wollte personenbezogen Daten künftig nicht nur an öffentliche, sondern auch an private Stellen übermitteln. Ganz so schlimm ist es nun nicht gekommen. Experten beurteilen die geschaffenen Regelungen dennoch als „verfassungswidrig“.

VON MATHIAS BRODKORB am 19. November 2023

Porträt Mathias Brodkorb
AUTORENINFO

Mathias Brodkorb war Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern und gehört der SPD an.

SO ERREICHEN SIE MATHIAS BRODKORB:

Zur Artikelübersicht
CICERO NEWSLETTER
Exklusive Einblicke ins politische Geschehen
Ihre E-Mail-Adresse
Eigentlich hatte der Verfassungsschutz vor, sich weitreichende gesetzliche Kompetenzen zu verschaffen. Künftig sollte es ihm möglich sein, tatsächliche oder vermeintliche Extremisten ohne große Hürden bei Arbeitgebern, Schulleitern oder Vermietern anzuschwärzen. Ganz so schlimm ist es nun nicht gekommen. Experten beurteilen die geschaffenen Regelungen dennoch als „verfassungswidrig“.

Erforderlich geworden war bloß eine rechtliche Klarstellung. Dass Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber mit einer Entscheidung zum Bayerischen Verfassungsschutz auch mit Wirkung für das Bundesverfassungsschutzgesetz aufgegeben, die Übermittlung von Erkenntnissen der Geheimdienste an andere Stellen rechtsstaatlich sauber zu regeln. Aber der deutsche Inlandsgeheimdienst wollte die Gunst der Stunde nutzen, um seine Kompetenzen drastisch auszuweiten.

Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah nicht nur vor, zur Minderung der „Verwundbarkeit“ und Stärkung der „Resilienz“ der Verfassungsordnung personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln zu dürfen, sondern ausdrücklich auch an private. Das wäre sogar „für sonstige erhebliche Zwecke der öffentlichen Sicherheit oder für sonstige erhebliche Interessen des Empfängers“ möglich gewesen. Also für ziemlich unbestimmte und daher dem Missbrauch leicht zugängliche Sachverhalte.

Dystopische Szenarien
Was das hätte konkret bedeuten können, führte Ralf Poscher in einer Anhörung vor. Er ist Direktor der Abteilung Öffentliches Recht des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht:

„Die Nachrichtendienste können dann Schulleiter über die Bestrebungen ihrer Schülerinnen und Schüler, Universitäten über die ihrer Studierenden, Arbeitgeber über ihre Beschäftigten etc. informieren, auch wenn von ihnen keinerlei konkrete oder auch nur konkretisierte Gefahr ausgeht.“

Es sei leicht vorstellbar, was das für die „Betroffenen bedeuten“ könnte. Regelrecht „dystopische“ Szenarien wären aus Sicht Poschers denkbar gewesen. Der Jurist erklärte den entsprechenden Paragrafen des Gesetzesentwurfes daher auch für nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbar und mahnte Änderungen an. Und er hat auch eine Erklärung zur Hand, wie es überhaupt zu dieser Gesetzesvorlage kommen konnte.

Zwei sich ausschließende Logiken
Es stünden sich einfach zwei verschiedene Logiken gegenüber. Das Verfassungsgericht verteidige strikt die Verfassung:

„Und die sieht aus historischer Erfahrung und gutem Grund vor, dass der Verfassungsschutz lediglich eine Stelle ‚zur Sammlung von Unterlagen‘ ist und zum Beispiel im Unterschied zur Polizei keine operativ tätige Behörde.“

Der Verfassungsschutz wiederum gehe verständlicherweise aus ganz anderer Perspektive an seine Aufgabe heran. Er wolle, wenn er Erkenntnisse habe, mit diesen auch eine Wirkung erzielen. Das andauernde Drängen der Behörde, seinen Informationsauftrag als eine Art Kompensationshandlung beständig auszuweiten, könnte darin seinen Grund finden.

Weniger schlimm als befürchtet
Die in dieser Woche nach nur 26-minütiger Debatte beschlossene Gesetzesänderung sieht nicht mehr ganz so schlimm aus wie der ursprüngliche Entwurf. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann sprach trotzdem von einem „guten Tag für die Nachrichtendienste des Bundes“. Auch Ralf Poscher konzediert, dass die beschlossene Regelung nicht mehr so bedenklich sei wie noch der Entwurf: „Aber sie ist immer noch verfassungswidrig.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Gesellschaftliches Klima: Der Denunziant (Grauzone)
Denunziation: Petzerland Deutschland (Frank A. Meyer)
Bananenrepublik Ampelland (Ben Krischke)

Für wahrscheinlich gerade noch zulässig hält Poscher dabei die Übermittlung von Informationen in den Fällen Parteiverbot, Vereinsverbot oder Aberkennung von Grundrechten:

„Das liegt in der Natur der Sache. Die Verfassung sieht hier selbst Eingriffsmöglichkeiten weit vor einer konkretisierten Gefahr vor. Daher scheint es mir überlegenswert, die Übermittlung von Erkenntnissen zuzulassen, die diesem Verfassungsauftrag noch entsprechen.“

Poscher betont aber, dass das Grundgesetz keine Pflicht kenne, lediglich verfassungstreue Überzeugungen zu vertreten – außer bei Beamten. Auch ist es nun doch offiziell gestattet, personenbezogene Daten an Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu übermitteln – wenn auch unter weit strengeren Kriterien als ursprünglich geplant, nämlich wenn der Inlandsgeheimdienst zumindest Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung für gegeben hält. Aber auch dies hält Poscher letztlich für verfassungsrechtlich nicht haltbar.

Tür für VS-Leaks hat sich geöffnet
Auf ein anderes Problem macht der Verfassungsschutzrechtler Dietrich Murswiek aufmerksam. Das Bundesverfassungsschutzgesetz lasse es nun ausdrücklich zu, dass der Inlandsgeheimdienst personenbezogene Erkenntnisse „zur wissenschaftlichen Erforschung und Bewertung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Tätigkeiten“ an nicht-öffentliche Stellen übermittelt.

Murswiek hält das für nicht erforderlich und zugleich eine Gefahr für die Demokratie:

„Ich sehe nicht, dass zu Zwecken der wissenschaftlichen Erforschung und Bewertung verfassungsfeindlicher Bestrebung die Übermittlung personenbezogener Daten erforderlich ist. Wissenschaft ist kein Gericht, das im Einzelfall entscheidet, sondern Wissenschaft beschäftigt sich mit allgemeinen Erkenntnissen. Dafür reichen anonymisierte Daten und Statistiken.“

Vielmehr bestehe hierdurch die Gefahr, dass sich so „eine Tür für Leaks seitens des Verfassungsschutzes öffnet, die andernfalls strafbarer Geheimnisverrat wären“. Und schließlich bietet das Verfassungsschutzgesetz nun auch die Möglichkeit, personenbezogene Daten an nicht-öffentliche Stellen zu übermitteln, wenn dies zur Erfüllung „der Aufgaben der empfangenden Stelle“ erforderlich ist. Murswiek:

„Damit kann sich der VS zum Lieferanten von Informationen an NGOs oder an die Medien machen, denen er Recherchearbeit abnimmt, ohne dass erkennbar ist, was das mit den gesetzlichen Aufgaben des VS zu tun hat.“

Am Ende ist es zwar nicht ganz so schlimm gekommen wie befürchtet, aber dennoch wurde die Tür zur Denunziantenrepublik einen Spalt weit aufgestoßen. Und wahrscheinlich ist das alles außerdem verfassungswidrig. Der Verfassungsschutz kann auf dieser Grundlage trotzdem vorerst arbeiten. Bis vielleicht Karlsruhe irgendwann wieder einmal ein Urteil fällt.

Wenn die Aufklärung zur Gegenaufklärung wird
Udo Brandes
19. November 2023 um 11:45
Ein Artikel von Udo Brandes
Die Wissenschaft war einmal der Motor der Aufklärung, einer geistigen Bewegung, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Europa entstand. Die Forderung der Aufklärung: Vernunft und Rationalität sollten die entscheidenden Maßstäbe sein. Nur das, was rational begründet und bewiesen werden könne, das solle maßgeblich sein. „Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen!“ So brachte der Königsberger Philosoph und Aufklärer Immanuel Kant dieses Programm auf den Punkt. Und das bedeutete: Der Kern der Wissenschaft ist der Streit darüber, welche Theorien, Erkenntnisse oder Vorgehensweisen (zum Beispiel in der Medizin) richtig sind und welche nicht. Das ist vorbei, meint unser Autor Udo Brandes. Die Wissenschaft ähnele immer mehr Kirchen: Das Denken und Streiten würden zunehmend durch Glauben und Dogmen ersetzt.

Was Wissenschaft im Idealfall sein sollte und vielleicht einmal war, das beschreibt der belgische Psychologe Mattias Desmet in seinem Buch „Die Psychologie des Totalitarismus“ (siehe dazu die Rezension auf den NachDenkSeiten hier) wie folgt:

„Wissenschaft ist dem Wesen nach Offenheit des Geistes. Die ursprüngliche wissenschaftliche Praxis, die Erfahrung, die die Grundlage der Aufklärungstradition bildete, setzte alle Vorurteile in Bezug auf die zu untersuchenden Phänomene erst einmal außer Kraft. Sie war offen für die größtmögliche Diversität von Ideen und Gedanken, Annahmen und Hypothesen. Sie kultivierte den Zweifel und erhob Unsicherheit zur Tugend.“ (S. 23)

Konnte man in den Debatten während der Coronakrise von diesem Geist etwas bemerken? Das wird man wohl kaum behaupten können. Zweifler an der Sicherheit der mRNA-Injektionen, auch wenn sie vom Fach waren, wurden als Verschwörungstheoretiker, Spinner und Fake-News-Verbreiter etc. etikettiert. Hier ein Beispiel aus dem Spiegel über den Internisten und SPD-Politiker Wolfgang Wodarg, welches sehr gut die autoritäre, obrigkeitshörige Haltung vieler Medien in der Coronakrise veranschaulicht:

„Wodarg fordert, es sollten mehr abseitige und weniger ‚Mainstream‘-Meinungen zum Coronavirus gehört werden. Das wäre wohl in seinem Sinne, aber nicht im Sinne einer guten Berichterstattung. Wenn abwegige Einzelmeinungen anerkannten Fakten scheinbar gleichberechtigt gegenübergestellt werden, entsteht ein falscher Eindruck – eine sogenannte false balance oder falsche Gewichtung. Sie zu vermeiden, ist gerade in Krisenzeiten wichtig. Es wäre für alle gefährlich, wenn die breite Masse Wodargs Ausführungen Glauben schenken und leichtfertig Schutzmaßnahmen ablegen würde. Auch, wenn sich über die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen immer streiten lässt und Chancen und Risiken genau abgewogen werden müssen.“
(Quelle: spiegel.de)

Mit anderen Worten: Die Bevölkerung ist dumm und darf sich nicht durch eigenständiges Denken eine eigene Meinung über den Sinn oder Unsinn der Coronamaßnahmen bilden. Diese Haltung der Herablassung („die breite Masse“, zu der natürlich nicht die ehrwürdigen Spiegel-Redakteure gehören) nannte der französische Soziologe Pierre Bourdieu den „Rassismus der Bourgeoisie“ – eine Einstellung, die von einem elitären, antidemokratischen Geist und einem übergriffigen Paternalismus zeugt.

„Anerkannte Fakten“ stellten sich schon oft als Unsinn heraus

Es stellt sich aber noch eine Frage: Wer entscheidet denn, was wahr oder richtig ist und was nicht? Da dürfte doch in der Wissenschaft eigentlich nur das bessere Argument zählen. Wo aber soll das herkommen, wenn alternative Theorien in der Diskussion nicht zugelassen werden?

In diesem Zusammenhang auch noch ein Hinweis auf die im Spiegel-Zitat erwähnten „anerkannten Fakten“. Es gab in der Wissenschaft schon oft „anerkannte Fakten“, die sich später als Unsinn herausstellten. Ein Beispiel wäre der Fall des Arztes Ignaz Semmelweis, den man den „Retter der Mütter“ nannte. Er erkannte, dass das früher häufig bei Frauen nach einer Geburt auftretende und oft tödlich ausgehende Kindbettfieber mit Hygienemängeln zusammenhing. Wikipedia schreibt dazu Folgendes:

„Semmelweis führte das häufigere Auftreten von Kindbettfieber in öffentlichen Kliniken im Vergleich zur privaten Entbindung auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurück und bemühte sich, Hygienevorschriften einzuführen. Später wurde er „Retter der Mütter“ genannt. Seine Studie von 1847/48 gilt heute als erster praktischer Fall von evidenzbasierter Medizin (auf empirische Belege gestützte Heilkunde) in Österreich und als Musterbeispiel für eine methodisch korrekte Überprüfung wissenschaftlicher Hypothesen. Zu seinen Lebzeiten wurden seine Erkenntnisse, von ihm 1861 publiziert, nicht anerkannt und von Kollegen als ‚spekulativer Unfug‘ abgelehnt. Nur wenige Ärzte unterstützten ihn, da Hygiene als Zeitverschwendung und unvereinbar mit den damals geltenden Theorien über Krankheitsursachen angesehen wurde.“

Was schon Arthur Schopenhauer wusste

In Bezug auf die sich in unserer Gesellschaft schon vor Corona ausbreitende totalitäre Cancel Culture möchte ich noch eines hervorheben: Die Cancel Culture hat mit argumentativer Substanzlosigkeit auf Seiten ihrer Anhänger zu tun. Der Philosoph Arthur Schopenhauer hat in seinem Buch „Die Kunst, Recht zu behalten. In achtunddreißig Kunstgriffen dargestellt“ diese rhetorische Methode beschrieben:

„Wenn man merkt, dass der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, dass man von dem Gegenstand des Streites (weil man da verlorenes Spiel hat) abgeht auf den Streitenden und seine Person irgendwie angreift: (…) man wird also kränkend, hämisch, beleidigend, grob. (…) Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt.“ (Regel Nr. 38 im genannten Werk)

Wissenschaft ist also heute in der Gefahr, dass aus ihr, der ursprünglichen emanzipativen Aufklärungsbewegung, eine antiaufklärerische Bewegung wird. Der zu Anfang schon genannte belgische Psychologe Mattias Desmet beschreibt dies in seinem Buch „Die Psychologie des Totalitarismus“ wie folgt:

„Bei ihrer Geburt war Wissenschaft gleichbedeutend gewesen mit der Offenheit des Geistes, einer Denkweise, die alle Dogmen über Bord warf und alle Überzeugungen infrage stellte. Doch je mehr sie heranwuchs, desto mehr verkehrte sie sich in Ideologie, Überzeugung und Vorurteil. So machte die Wissenschaft eine Transformation durch, die jeder Diskurs durchmacht, wenn er dominant wird. Ursprünglich war sie ein Diskurs gewesen, mit der eine Minderheit einer Mehrheit die Stirn geboten hatte; jetzt wurde sie selbst zum Diskurs der Mehrheit. Damit eignete sie sich nun auch für Zwecke, die den ursprünglichen Zwecken entgegenstanden.“ (S. 28)

Desmet nennt als Beispiele Karriere machen, manipulieren, Produkte verkaufen, herabwürdigen, stigmatisieren oder sogar Menschen ausschließen und absondern. Er kommt zu diesem Fazit:

„Kurzum: Der wissenschaftliche Diskurs wurde, genau wie jeder dominante Diskurs, zum privilegierten Instrument von Opportunismus, Lügen, Betrug, Manipulation und Macht.“ (S. 28)

Ist das womöglich ein übertrieben negatives Bild von Wissenschaft? Wenn man sich die Fakten anschaut, wohl eher nicht. Der österreichische Standard berichtete am 3. März 2023 unter der Überschrift „Wenn Forscher fälschen“ Folgendes:

„Jährlich werden in Fachjournalen tausende medizinische Studien publiziert, die frei erfunden sind. Millionen Patienten werden so geschädigt, die Aufklärung ist oft schwierig.“
(Quelle: derstandard.at)

Jörg Peters, [19.11.2023 18:48]
Eines der Beispiele, die der Standard aufführt, ist die medikamentöse Behandlung von Herzpatienten vor Operationen:

„Ein anderer Fall ist die standardmäßige Verabreichung von Betablockern vor Operationen bei Herzpatienten. Grundlage war eine Studie von 2009, die sich als teils gefälscht herausstellte. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Praxis tausende Todesfälle verursachte.“

Mattias Desmet kommt zu dem Schluss, dass auch wissenschaftliche Aussagen weit entfernt davon seien, objektiv zustande zu kommen bzw. zu sein. Vielmehr würden auch Wissenschaftler regelmäßig Opfer ihrer eigenen Vorurteile, Überzeugungen und Ideologien. Dies sei der sogenannte Allegiance-Effekt, was konkret heißt: Forscher verhalten sich loyal zu ihrer Theorie. So seien zum Beispiel Psychoanalytiker überzeugt, dass die Psychoanalyse die beste Therapieform sei, und die Verhaltenstherapeuten glaubten dasselbe von ihrem Therapieansatz. Der Einfluss der Subjektivität bei der Konstruktion und Interpretation von Zahlen sei so stark, dass auch Wissenschaftler, deren Beruf doch die Objektivität sei, dieser zum Opfer fielen – und zwar ohne dass es ihnen bewusst sei.

Wie ist das praktisch möglich?

Aber wie ist das möglich, dass Forscher sich selbst zum Opfer fallen? Desmet meint, weil in jedem Untersuchungsverfahren zahllose Entscheidungen getroffen werden müssen, für die es keine logischen Gründe gebe. (Welches Messinstrument verwende ich? Auf welche Weise interpretiere ich die Messungen? Wie gehe ich mit fehlenden Daten um? usw.) Und in diesem Wald von Möglichkeiten würden Wissenschaftler offenbar unbewusst Optionen wählen, die dafür sorgen, dass die Studie Ergebnisse bringe, die ihnen wünschenswert erscheinen. Sein Fazit:

„Der fanatische Glaube an die Objektivität von Messungen und Zahlen, der charakteristisch ist für die mechanistische Ideologie, ist nicht nur unbegründet, sondern er ist auch gefährlich. Es entsteht eine Art wechselseitige Verstärkung zwischen subjektiven Vorurteilen und Zahlen: Je stärker die Vorurteile, desto mehr selektiert man die Zahlen, die die Vorurteile bestätigen. Und je mehr die Zahlen die Vorurteile bestätigen, desto stärker werden wiederum die Vorurteile. Auf die Coronakrise angewandt: Eine von Angst und Unbehagen durchdrungene Gesellschaft wählt aus dem Meer von Zahlen genau jene, die ihre Angst bestätigen, und diese Zahlen verstärken wiederum die Angst.“ (S. 85)

Welche Schlussfolgerungen sollte man aus all dem ziehen?

Wir dürfen Wissenschaft nicht zu einer quasi religiösen Autorität erheben und aus Wissenschaft eine Kirche machen, die wie zu Zeiten der Inquisition unumstößliche Dogmen verkündet. Stattdessen sollten wir der Wissenschaft mit der gleichen kritischen Grundhaltung begegnen, wie wir es auch bei Aussagen von Politikern, Medien, Lobbyisten, Bankern usw. tun würden – und Empfehlungen von Wissenschaftlern an die Politik nur dann Glauben schenken, wenn sie wirklich fundiert begründet sind. Aber vor allen Dingen sollten wir darauf bestehen, dass in wissenschaftlichen und politischen Debatten alle Stimmen gehört werden und nicht wie zu Zeiten der Inquisition nur die zugelassen werden, die den bestehenden Glauben stärken und nicht infrage stellen. Denn eine offene, demokratische Gesellschaft braucht den Streit und darf nur diejenigen ausschließen, die die Grundlagen der offenen, demokratischen Gesellschaft infrage stellen und nur einen Glauben, einen Lebensstil, eine bestimmte Werteausrichtung zulassen wollen.

Wenn die Aufklärung zur Gegenaufklärung wird
Udo Brandes
19. November 2023 um 11:45
Ein Artikel von Udo Brandes
Die Wissenschaft war einmal der Motor der Aufklärung, einer geistigen Bewegung, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Europa entstand. Die Forderung der Aufklärung: Vernunft und Rationalität sollten die entscheidenden Maßstäbe sein. Nur das, was rational begründet und bewiesen werden könne, das solle maßgeblich sein. „Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen!“ So brachte der Königsberger Philosoph und Aufklärer Immanuel Kant dieses Programm auf den Punkt. Und das bedeutete: Der Kern der Wissenschaft ist der Streit darüber, welche Theorien, Erkenntnisse oder Vorgehensweisen (zum Beispiel in der Medizin) richtig sind und welche nicht. Das ist vorbei, meint unser Autor Udo Brandes. Die Wissenschaft ähnele immer mehr Kirchen: Das Denken und Streiten würden zunehmend durch Glauben und Dogmen ersetzt.

Was Wissenschaft im Idealfall sein sollte und vielleicht einmal war, das beschreibt der belgische Psychologe Mattias Desmet in seinem Buch „Die Psychologie des Totalitarismus“ (siehe dazu die Rezension auf den NachDenkSeiten hier) wie folgt:

„Wissenschaft ist dem Wesen nach Offenheit des Geistes. Die ursprüngliche wissenschaftliche Praxis, die Erfahrung, die die Grundlage der Aufklärungstradition bildete, setzte alle Vorurteile in Bezug auf die zu untersuchenden Phänomene erst einmal außer Kraft. Sie war offen für die größtmögliche Diversität von Ideen und Gedanken, Annahmen und Hypothesen. Sie kultivierte den Zweifel und erhob Unsicherheit zur Tugend.“ (S. 23)

Konnte man in den Debatten während der Coronakrise von diesem Geist etwas bemerken? Das wird man wohl kaum behaupten können. Zweifler an der Sicherheit der mRNA-Injektionen, auch wenn sie vom Fach waren, wurden als Verschwörungstheoretiker, Spinner und Fake-News-Verbreiter etc. etikettiert. Hier ein Beispiel aus dem Spiegel über den Internisten und SPD-Politiker Wolfgang Wodarg, welches sehr gut die autoritäre, obrigkeitshörige Haltung vieler Medien in der Coronakrise veranschaulicht:

„Wodarg fordert, es sollten mehr abseitige und weniger ‚Mainstream‘-Meinungen zum Coronavirus gehört werden. Das wäre wohl in seinem Sinne, aber nicht im Sinne einer guten Berichterstattung. Wenn abwegige Einzelmeinungen anerkannten Fakten scheinbar gleichberechtigt gegenübergestellt werden, entsteht ein falscher Eindruck – eine sogenannte false balance oder falsche Gewichtung. Sie zu vermeiden, ist gerade in Krisenzeiten wichtig. Es wäre für alle gefährlich, wenn die breite Masse Wodargs Ausführungen Glauben schenken und leichtfertig Schutzmaßnahmen ablegen würde. Auch, wenn sich über die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen immer streiten lässt und Chancen und Risiken genau abgewogen werden müssen.“
(Quelle: spiegel.de)

Mit anderen Worten: Die Bevölkerung ist dumm und darf sich nicht durch eigenständiges Denken eine eigene Meinung über den Sinn oder Unsinn der Coronamaßnahmen bilden. Diese Haltung der Herablassung („die breite Masse“, zu der natürlich nicht die ehrwürdigen Spiegel-Redakteure gehören) nannte der französische Soziologe Pierre Bourdieu den „Rassismus der Bourgeoisie“ – eine Einstellung, die von einem elitären, antidemokratischen Geist und einem übergriffigen Paternalismus zeugt.

„Anerkannte Fakten“ stellten sich schon oft als Unsinn heraus

Es stellt sich aber noch eine Frage: Wer entscheidet denn, was wahr oder richtig ist und was nicht? Da dürfte doch in der Wissenschaft eigentlich nur das bessere Argument zählen. Wo aber soll das herkommen, wenn alternative Theorien in der Diskussion nicht zugelassen werden?

In diesem Zusammenhang auch noch ein Hinweis auf die im Spiegel-Zitat erwähnten „anerkannten Fakten“. Es gab in der Wissenschaft schon oft „anerkannte Fakten“, die sich später als Unsinn herausstellten. Ein Beispiel wäre der Fall des Arztes Ignaz Semmelweis, den man den „Retter der Mütter“ nannte. Er erkannte, dass das früher häufig bei Frauen nach einer Geburt auftretende und oft tödlich ausgehende Kindbettfieber mit Hygienemängeln zusammenhing. Wikipedia schreibt dazu Folgendes:

„Semmelweis führte das häufigere Auftreten von Kindbettfieber in öffentlichen Kliniken im Vergleich zur privaten Entbindung auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurück und bemühte sich, Hygienevorschriften einzuführen. Später wurde er „Retter der Mütter“ genannt. Seine Studie von 1847/48 gilt heute als erster praktischer Fall von evidenzbasierter Medizin (auf empirische Belege gestützte Heilkunde) in Österreich und als Musterbeispiel für eine methodisch korrekte Überprüfung wissenschaftlicher Hypothesen. Zu seinen Lebzeiten wurden seine Erkenntnisse, von ihm 1861 publiziert, nicht anerkannt und von Kollegen als ‚spekulativer Unfug‘ abgelehnt. Nur wenige Ärzte unterstützten ihn, da Hygiene als Zeitverschwendung und unvereinbar mit den damals geltenden Theorien über Krankheitsursachen angesehen wurde.“

Was schon Arthur Schopenhauer wusste

In Bezug auf die sich in unserer Gesellschaft schon vor Corona ausbreitende totalitäre Cancel Culture möchte ich noch eines hervorheben: Die Cancel Culture hat mit argumentativer Substanzlosigkeit auf Seiten ihrer Anhänger zu tun. Der Philosoph Arthur Schopenhauer hat in seinem Buch „Die Kunst, Recht zu behalten. In achtunddreißig Kunstgriffen dargestellt“ diese rhetorische Methode beschrieben:

„Wenn man merkt, dass der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, dass man von dem Gegenstand des Streites (weil man da verlorenes Spiel hat) abgeht auf den Streitenden und seine Person irgendwie angreift: (…) man wird also kränkend, hämisch, beleidigend, grob. (…) Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt.“ (Regel Nr. 38 im genannten Werk)

Wissenschaft ist also heute in der Gefahr, dass aus ihr, der ursprünglichen emanzipativen Aufklärungsbewegung, eine antiaufklärerische Bewegung wird. Der zu Anfang schon genannte belgische Psychologe Mattias Desmet beschreibt dies in seinem Buch „Die Psychologie des Totalitarismus“ wie folgt:

„Bei ihrer Geburt war Wissenschaft gleichbedeutend gewesen mit der Offenheit des Geistes, einer Denkweise, die alle Dogmen über Bord warf und alle Überzeugungen infrage stellte. Doch je mehr sie heranwuchs, desto mehr verkehrte sie sich in Ideologie, Überzeugung und Vorurteil. So machte die Wissenschaft eine Transformation durch, die jeder Diskurs durchmacht, wenn er dominant wird. Ursprünglich war sie ein Diskurs gewesen, mit der eine Minderheit einer Mehrheit die Stirn geboten hatte; jetzt wurde sie selbst zum Diskurs der Mehrheit. Damit eignete sie sich nun auch für Zwecke, die den ursprünglichen Zwecken entgegenstanden.“ (S. 28)

Desmet nennt als Beispiele Karriere machen, manipulieren, Produkte verkaufen, herabwürdigen, stigmatisieren oder sogar Menschen ausschließen und absondern. Er kommt zu diesem Fazit:

„Kurzum: Der wissenschaftliche Diskurs wurde, genau wie jeder dominante Diskurs, zum privilegierten Instrument von Opportunismus, Lügen, Betrug, Manipulation und Macht.“ (S. 28)

Ist das womöglich ein übertrieben negatives Bild von Wissenschaft? Wenn man sich die Fakten anschaut, wohl eher nicht. Der österreichische Standard berichtete am 3. März 2023 unter der Überschrift „Wenn Forscher fälschen“ Folgendes:

„Jährlich werden in Fachjournalen tausende medizinische Studien publiziert, die frei erfunden sind. Millionen Patienten werden so geschädigt, die Aufklärung ist oft schwierig.“
(Quelle: derstandard.at)

Eines der Beispiele, die der Standard aufführt, ist die medikamentöse Behandlung von Herzpatienten vor Operationen:

„Ein anderer Fall ist die standardmäßige Verabreichung von Betablockern vor Operationen bei Herzpatienten. Grundlage war eine Studie von 2009, die sich als teils gefälscht herausstellte. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Praxis tausende Todesfälle verursachte.“

Mattias Desmet kommt zu dem Schluss, dass auch wissenschaftliche Aussagen weit entfernt davon seien, objektiv zustande zu kommen bzw. zu sein. Vielmehr würden auch Wissenschaftler regelmäßig Opfer ihrer eigenen Vorurteile, Überzeugungen und Ideologien. Dies sei der sogenannte Allegiance-Effekt, was konkret heißt: Forscher verhalten sich loyal zu ihrer Theorie. So seien zum Beispiel Psychoanalytiker überzeugt, dass die Psychoanalyse die beste Therapieform sei, und die Verhaltenstherapeuten glaubten dasselbe von ihrem Therapieansatz. Der Einfluss der Subjektivität bei der Konstruktion und Interpretation von Zahlen sei so stark, dass auch Wissenschaftler, deren Beruf doch die Objektivität sei, dieser zum Opfer fielen – und zwar ohne dass es ihnen bewusst sei.

Wie ist das praktisch möglich?

Aber wie ist das möglich, dass Forscher sich selbst zum Opfer fallen? Desmet meint, weil in jedem Untersuchungsverfahren zahllose Entscheidungen getroffen werden müssen, für die es keine logischen Gründe gebe. (Welches Messinstrument verwende ich? Auf welche Weise interpretiere ich die Messungen? Wie gehe ich mit fehlenden Daten um? usw.) Und in diesem Wald von Möglichkeiten würden Wissenschaftler offenbar unbewusst Optionen wählen, die dafür sorgen, dass die Studie Ergebnisse bringe, die ihnen wünschenswert erscheinen. Sein Fazit:

„Der fanatische Glaube an die Objektivität von Messungen und Zahlen, der charakteristisch ist für die mechanistische Ideologie, ist nicht nur unbegründet, sondern er ist auch gefährlich. Es entsteht eine Art wechselseitige Verstärkung zwischen subjektiven Vorurteilen und Zahlen: Je stärker die Vorurteile, desto mehr selektiert man die Zahlen, die die Vorurteile bestätigen. Und je mehr die Zahlen die Vorurteile bestätigen, desto stärker werden wiederum die Vorurteile. Auf die Coronakrise angewandt: Eine von Angst und Unbehagen durchdrungene Gesellschaft wählt aus dem Meer von Zahlen genau jene, die ihre Angst bestätigen, und diese Zahlen verstärken wiederum die Angst.“ (S. 85)

Welche Schlussfolgerungen sollte man aus all dem ziehen?

Wir dürfen Wissenschaft nicht zu einer quasi religiösen Autorität erheben und aus Wissenschaft eine Kirche machen, die wie zu Zeiten der Inquisition unumstößliche Dogmen verkündet. Stattdessen sollten wir der Wissenschaft mit der gleichen kritischen Grundhaltung begegnen, wie wir es auch bei Aussagen von Politikern, Medien, Lobbyisten, Bankern usw. tun würden – und Empfehlungen von Wissenschaftlern an die Politik nur dann Glauben schenken, wenn sie wirklich fundiert begründet sind. Aber vor allen Dingen sollten wir darauf bestehen, dass in wissenschaftlichen und politischen Debatten alle Stimmen gehört werden und nicht wie zu Zeiten der Inquisition nur die zugelassen werden, die den bestehenden Glauben stärken und nicht infrage stellen. Denn eine offene, demokratische Gesellschaft braucht den Streit und darf nur diejenigen ausschließen, die die Grundlagen der offenen, demokratischen Gesellschaft infrage stellen und nur einen Glauben, einen Lebensstil, eine bestimmte Werteausrichtung zulassen wollen.

Jörg Peters, [19.11.2023 18:53]
Der kaum bekannte All-Inklusive-Service für abgelehnte Asylbewerber
Exklusiv: Unglaubliche Innenansichten ins Asyl-System
VERÖFFENTLICHT AM 19. Nov 2023
53 Kommentare

Von Ekaterina Quehl

Die Entwicklungen der letzten Monate haben ein Problem an die Oberfläche gebracht, das in Fachkreisen seit vielen Jahren bekannt ist: Wir müssen „abschieben im großen Stil“.

Doch nur wenige werden wissen, dass in Deutschland für „abgelehnte Asylbewerber“, also für diejenigen Asylbewerber, deren Asylanträgen nicht zugestimmt wurde und die zur Ausreise verpflichtet sind, ein Regelwerk existiert, das es ihnen ermöglicht, eine Abschiebung mit einer Wiedereinreisesperre als Konsequenz zu vermeiden. Darüber hinaus können sie so auch noch die Ausreise aus Deutschland um Wochen oder Monate hinauszögern. Der Schlüssel zu all dem: Eine „freiwillige Rückkehr“.

Dieser Service der Bundesregierung – denn anders kann man das nicht nennen, aber dazu später mehr – richtet sich an Migranten, die sich in Deutschland aufhalten, in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen und auch wollen, aber kein Geld dazu haben. Die Mehrheit davon sind Asylbewerber mit einem Ablehnungsbescheid, also mit einem abgelehnten Asylverfahren.

„Die freiwillige Rückkehr gibt Ihnen die Möglichkeit, in Würde zurückzukehren und Ihren Neustart im Herkunftsland zu planen“, wird im Informationsvideo des Portals returningfromgermany.de erklärt – einem Informationsportal des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Beide finanzieren und organisieren die freiwillige Rückkehr.

Einst als organisatorische und materielle Unterstützung konzipiert, um mittellosen Migranten die Rückkehr in ihr Heimatland zu ermöglichen, ist die freiwillige Rückkehr mit all ihren Programmen und Leistungen inzwischen zu einer attraktiven Geldquelle für Migranten geworden. Und sie wird im großen Stil seit Jahren missbraucht. Von abgelehnten Asylbewerbern, um ihre Abschiebung zu vermeiden und ihre Ausreise hinauszuzögern, von Migranten, die mit einem Touristenvisum nur für ein paar Monate nach Deutschland kommen und letztlich von Migranten, die hier schon einige Jahre geduldet werden und Deutschland verlassen müssen.

All diese Personengruppen müssen nur in ein entsprechendes Rückkehr-Programm kommen und schon wird ihnen eine Rückreise organisiert, ihre Flugtickets werden bezahlt und sie bekommen auch noch mehrere Hundert Euro pro Person Taschengeld dazu. Mit im Rundum-Sorglos-Paket: Finanzielle Start-Hilfe und unter Umständen auch noch Unterstützung in den ersten Monaten nach der Rückkehr ins Heimatland.

Kopp Reklame Asyl

Ein spezieller Bereich sind sogenannte Reintegrationsprogramme, die den abgelehnten Asylbewerbern helfen sollen, in ihr Herkunftsland wieder reintegriert zu werden. Was man aber nicht anders als absurd bezeichnen kann, denn jeder Bürger wird sich selbst nach einigen Jahren des Aufenthalts in Deutschland bestens in seinem Heimatland auskennen. Selbst ich kann mir nach 20 Jahren in Deutschland nicht vorstellen, dass ich eine Reintegration in Russland bräuchte, sollte ich irgendwann zurückkehren.

Solche Reintegrationsprogramme beinhalten beispielsweise Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen, Jobsuche oder medizinische Kosten. Aber dazu später mehr.

‘Verlorene’ Pässe und Fake-Atteste
Nachdem das jeweilige Asylverfahren abgeschlossen wurde und der Asylbewerber vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen „Ablehnungsbescheid“ bekommen hat, geht es noch lange nicht ums Abschieben.

„Die nächste Etappe ist das Verwaltungsgericht. Gegen abgelehnte Anträge wird Klage erhoben“, berichtet eine Mitarbeiterin einer Rückkehr-Beratungsstelle, die anonym bleiben möchte. Alle im System „Asyl“ wissen, dass die Mehrheit der Asylanträge abgelehnt werden und die Mehrheit der Klagen gegen abgelehnte Asylanträge verloren wird. Es geht im Grunde nur um das Hinauszögern der Rückreise ins Heimatland. Und dafür gibt es viele Wege. Ein rechtmäßiger Weg ist es, eine Klage gegen den Ablehnungsbescheid zu erheben. Unrechtmäßige sind in der Regel zahlreiche Tricks, die in den Asylbewerber-Communities bekannt sind, aber auch in den zuständigen Ämtern. Dazu gehören beispielsweise Atteste, die nachweisen, dass man aus gesundheitlichen Gründen reiseunfähig ist, „verlorene“ Identitätspapiere und vieles mehr. Keinen wundert es mehr, dass Atteste immer wieder von den gleichen Ärzten vorgelegt werden oder dass sich die „verlorenen“ Pässe schnell wieder finden, sobald sich jemand doch für eine freiwillige Rückkehr entschieden hat.

 

Hauptsache, es gibt eine Erklärung oder einen Nachweis, die plausibel aussehen, und die „Akte ist sauber“, wie man im Fachjargon sagt. Solange der Aufenthalt verlängert wird, bekommt der (abgelehnte) Asylbewerber weiterhin Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder die Grundsicherung. Von Ihren Steuergeldern bezahlt, versteht sich.

Reintegration ins Heimatland
Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem mit keinen Mitteln und Tricks mehr eine Ausreise verhindert werden kann. Entscheidet man sich nicht für eine freiwillige Rückkehr, droht eine Abschiebung. Sobald er die Entscheidung getroffen hat, wird der potenzielle freiwillige Rückkehrer mit offenen Armen von den zuständigen Beratungsstellen begrüßt und liebevoll organisatorisch und finanziell rund um seinen Rückkehr-Wunsch umsorgt.

Praktisch sieht es so aus, dass der zuständige Berater für die freiwillige Rückkehr sämtliche Schritte für eine Rückreise organisiert. Er kümmert sich um die sogenannte Passbeschaffung und Reisedokumente, wenn der Pass bei der Einreise nach Deutschland „von den Schleppern weggenommen“ oder „verloren wurde“ und sich dann doch nicht wieder findet. Er übernimmt Verhandlungen mit den jeweiligen Botschaften. Er vereinbart über die IOM, welche Leistungen, wie lange und über welches Rückkehrprogramm der Rückkehrer bekommen wird. Und schließlich organisiert er die Rückreise selbst, inklusive Flugtickets und Auszahlung des Bargeldes.

„Das REAG/GARP Programm hilft Ihnen in Ihr Herkunftsland zurückzukehren oder in ein anderes Land weiterzuwandern. Es unterstützt Sie bei der Organisation der Reise und übernimmt die Kosten für das Reiseticket. Weitere Unterstützung zur Reintegration gibt es für viele Länder durch das Programm StarthilfePlus.“, wird auf returningfromgermany.org erklärt.

„Wieviel Hilfe Sie erhalten können, hängt von Ihrer Staatsangehörigkeit und anderen Faktoren ab.

So könnten Sie unterstützt werden:

Flug- oder Busticket,
Fahrtkosten vom Wohnort zum Flughafen oder (Bus-)Bahnhof,
Geld für die Reise (Reisebeihilfe): 200 EUR pro Person* (100 EUR pro Person unter 18 Jahren),
Medizinische Unterstützung: während der Reise (zum Beispiel Rollstuhlservice, medizinische Begleitperson) und im Zielland (maximal 2.000 EUR für bis zu drei Monate nach Ankunft),
Einmalige Förderung: 1.000 EUR pro Person (500 EUR pro Person unter 18 Jahren, pro Familie maximal 4.000 EUR)“.
Wenn also eine Familie mit zwei Kindern ausreisen möchte, kann sie Flugtickets, den Weg zum Flughafen, 600 Taschengeld, 2000 Euro für Arztkosten und bis zu 4000 Euro als einmalige Förderung auf die Hand bekommen. In vielen Herkunftsländern können Menschen Monate, wenn nicht Jahre von solchen Summen leben. Dieses Geld zu erhalten, ist alleine schon lukrativ genug, um nach Deutschland zu kommen – um dann nach ein paar Monaten oder Jahren in das Heimatland zurückzukehren.

Der Berater überprüft ebenfalls, ob der Rückkehrwillige in ein Reintegrations-Programm kommen kann. Solche Programme gibt es für über 50 Zielländer. Sie bieten finanzielle Unterstützung, Unterstützung im Bereich Wohnen und Unterstützung für „Personen mit Langzeitduldung“, bei den zwar die Notwendigkeit einer Reintegration noch irgendwie erklärt werden müsste. Doch bei genauerem Betrachten stellt es sich heraus, dass „Langzeitduldung“ lediglich bedeutet, dass jemand „nachweislich seit mindestens zwei Jahren in Deutschland geduldet wird“. Es reichen also schon ein paar Jahre Aufenthalt aus, um in das Herkunftsland „reintegriert“ werden zu dürfen.

JRS-Programm (Joint Reintegration Services) bietet zum einen Kurzzeit-Unterstützung wie eine „Post Arrival Package/Post Return Package“ für bis zu drei Tage nach der Ankunft. Darunter fallen „Flughafenabholung, notwendige Übernachtungen, Weitertransport zum Zielort sowie Medizinischer Zusatzbedarf.“ Zum anderen gibt es Langzeit-Unterstützung in Form des „Post Return Package“ – bis zu 12 Monaten nach der Ausreise“, bei dem zwar „grundsätzlich nur Sachleistungen“ wie Wohnungssuche oder Beratung zu Arbeitsmöglichkeiten gewährt werden. Doch hier kann das Geldäquivalent mehrere tausend Euro für eine Familie betragen:

„Die Höhe der Unterstützung orientiert sich an folgenden Beträgen:

Freiwillige Rückkehr (Hauptantragsteller/in): 2.000 EUR,
jedes weitere Familienmitglied: 1.000 EUR,
Kurzzeitunterstützung innerhalb von 3 Tagen nach Ankunft einmalig 615 EUR,
Rückgeführte Personen: 1.000 EUR“
Einmal Geld holen und zurück

Eine große Zielgruppe für freiwillige Rückreise sind die bereits erwähnten Migranten, die visafrei oder mit einem Touristenvisum bis zu drei Monate in Deutschland bleiben dürfen. Das sind zum Beispiel türkische Staatsangehörige. Sie beantragen Asyl, um Sozialleistungen nach dem Asylbewerberlesitungsgesetz zu bekommen und – wissentlich, dass sie höchstwahrscheinlich einen Ablehnungsbescheid bekommen werden – stellen einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Nehmen sie noch frühzeitig ihren Asylantrag zurück, bekommen sie eine „Belohnung“ zu den regulären Rückkehr-Hilfen dazu. „Sie reisen ohne Ablehnung schnell aus, damit sie bei einer Aufenthaltszeit von unter drei Monaten bleiben. Mit ‚Mitnahme‘ der Rückkehrhilfen plus 500€ für frühzeitige Ausreise.“, sagt die Insiderin aus der Rückkehrberatung.

Im letzten Jahr sind 7.877 Menschen deutschlandweit über das System der freiwilligen Rückkehr ausgereist. Das kann wie eine sehr geringe Zahl erscheinen, wenn man bedenkt, dass sich aktuell knapp 280.000 ausreisepflichtige Migranten in Deutschland aufhalten. Doch schaut man auf die Zahl der Abschiebungen – 12.945 im Jahr 2022, dann sind 7.877 freiwillige Ausreisen viel. Die meisten dieser Menschen haben das System ausgenutzt und viel Geld vom Staat erhalten, einige von ihnen mehrere tausend Euro. Alleine schon solche Beträge sind lukrativ genug, um nach Deutschland zu kommen – um dann nach ein paar Monaten oder Jahren in das Heimatland zurückzukehren. „Na, klar… sie veräppeln uns doch…“, bestätigt die Insiderin aus der freiwilligen Rückkehrberatung die Vermutung, dass das System von vielen missbraucht wird. Doch vorwerfen kann man es ihnen nicht, denn das System Asyl lässt neben vielen anderen auch diese Form des Missbrauchs zu. Und solange es das zulässt, geht es beim Scholz’schen „im großen Stil“ vielmehr um Ausnutzung eines löchrigen Systems als um dessen Optimierung. Und das alles auf Kosten der Steuerzahler.

Der kaum bekannte All-Inklusive-Service für abgelehnte Asylbewerber
Exklusiv: Unglaubliche Innenansichten ins Asyl-System
VERÖFFENTLICHT AM 19. Nov 2023
53 Kommentare

Von Ekaterina Quehl

Die Entwicklungen der letzten Monate haben ein Problem an die Oberfläche gebracht, das in Fachkreisen seit vielen Jahren bekannt ist: Wir müssen „abschieben im großen Stil“.

Doch nur wenige werden wissen, dass in Deutschland für „abgelehnte Asylbewerber“, also für diejenigen Asylbewerber, deren Asylanträgen nicht zugestimmt wurde und die zur Ausreise verpflichtet sind, ein Regelwerk existiert, das es ihnen ermöglicht, eine Abschiebung mit einer Wiedereinreisesperre als Konsequenz zu vermeiden. Darüber hinaus können sie so auch noch die Ausreise aus Deutschland um Wochen oder Monate hinauszögern. Der Schlüssel zu all dem: Eine „freiwillige Rückkehr“.

Dieser Service der Bundesregierung – denn anders kann man das nicht nennen, aber dazu später mehr – richtet sich an Migranten, die sich in Deutschland aufhalten, in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen und auch wollen, aber kein Geld dazu haben. Die Mehrheit davon sind Asylbewerber mit einem Ablehnungsbescheid, also mit einem abgelehnten Asylverfahren.

„Die freiwillige Rückkehr gibt Ihnen die Möglichkeit, in Würde zurückzukehren und Ihren Neustart im Herkunftsland zu planen“, wird im Informationsvideo des Portals returningfromgermany.de erklärt – einem Informationsportal des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Beide finanzieren und organisieren die freiwillige Rückkehr.

Einst als organisatorische und materielle Unterstützung konzipiert, um mittellosen Migranten die Rückkehr in ihr Heimatland zu ermöglichen, ist die freiwillige Rückkehr mit all ihren Programmen und Leistungen inzwischen zu einer attraktiven Geldquelle für Migranten geworden. Und sie wird im großen Stil seit Jahren missbraucht. Von abgelehnten Asylbewerbern, um ihre Abschiebung zu vermeiden und ihre Ausreise hinauszuzögern, von Migranten, die mit einem Touristenvisum nur für ein paar Monate nach Deutschland kommen und letztlich von Migranten, die hier schon einige Jahre geduldet werden und Deutschland verlassen müssen.

All diese Personengruppen müssen nur in ein entsprechendes Rückkehr-Programm kommen und schon wird ihnen eine Rückreise organisiert, ihre Flugtickets werden bezahlt und sie bekommen auch noch mehrere Hundert Euro pro Person Taschengeld dazu. Mit im Rundum-Sorglos-Paket: Finanzielle Start-Hilfe und unter Umständen auch noch Unterstützung in den ersten Monaten nach der Rückkehr ins Heimatland.

Kopp Reklame Asyl

Ein spezieller Bereich sind sogenannte Reintegrationsprogramme, die den abgelehnten Asylbewerbern helfen sollen, in ihr Herkunftsland wieder reintegriert zu werden. Was man aber nicht anders als absurd bezeichnen kann, denn jeder Bürger wird sich selbst nach einigen Jahren des Aufenthalts in Deutschland bestens in seinem Heimatland auskennen. Selbst ich kann mir nach 20 Jahren in Deutschland nicht vorstellen, dass ich eine Reintegration in Russland bräuchte, sollte ich irgendwann zurückkehren.

Solche Reintegrationsprogramme beinhalten beispielsweise Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen, Jobsuche oder medizinische Kosten. Aber dazu später mehr.

‘Verlorene’ Pässe und Fake-Atteste
Nachdem das jeweilige Asylverfahren abgeschlossen wurde und der Asylbewerber vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen „Ablehnungsbescheid“ bekommen hat, geht es noch lange nicht ums Abschieben.

„Die nächste Etappe ist das Verwaltungsgericht. Gegen abgelehnte Anträge wird Klage erhoben“, berichtet eine Mitarbeiterin einer Rückkehr-Beratungsstelle, die anonym bleiben möchte. Alle im System „Asyl“ wissen, dass die Mehrheit der Asylanträge abgelehnt werden und die Mehrheit der Klagen gegen abgelehnte Asylanträge verloren wird. Es geht im Grunde nur um das Hinauszögern der Rückreise ins Heimatland. Und dafür gibt es viele Wege. Ein rechtmäßiger Weg ist es, eine Klage gegen den Ablehnungsbescheid zu erheben. Unrechtmäßige sind in der Regel zahlreiche Tricks, die in den Asylbewerber-Communities bekannt sind, aber auch in den zuständigen Ämtern. Dazu gehören beispielsweise Atteste, die nachweisen, dass man aus gesundheitlichen Gründen reiseunfähig ist, „verlorene“ Identitätspapiere und vieles mehr. Keinen wundert es mehr, dass Atteste immer wieder von den gleichen Ärzten vorgelegt werden oder dass sich die „verlorenen“ Pässe schnell wieder finden, sobald sich jemand doch für eine freiwillige Rückkehr entschieden hat.

 

Hauptsache, es gibt eine Erklärung oder einen Nachweis, die plausibel aussehen, und die „Akte ist sauber“, wie man im Fachjargon sagt. Solange der Aufenthalt verlängert wird, bekommt der (abgelehnte) Asylbewerber weiterhin Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder die Grundsicherung. Von Ihren Steuergeldern bezahlt, versteht sich.

Reintegration ins Heimatland
Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem mit keinen Mitteln und Tricks mehr eine Ausreise verhindert werden kann. Entscheidet man sich nicht für eine freiwillige Rückkehr, droht eine Abschiebung. Sobald er die Entscheidung getroffen hat, wird der potenzielle freiwillige Rückkehrer mit offenen Armen von den zuständigen Beratungsstellen begrüßt und liebevoll organisatorisch und finanziell rund um seinen Rückkehr-Wunsch umsorgt.

Praktisch sieht es so aus, dass der zuständige Berater für die freiwillige Rückkehr sämtliche Schritte für eine Rückreise organisiert. Er kümmert sich um die sogenannte Passbeschaffung und Reisedokumente, wenn der Pass bei der Einreise nach Deutschland „von den Schleppern weggenommen“ oder „verloren wurde“ und sich dann doch nicht wieder findet. Er übernimmt Verhandlungen mit den jeweiligen Botschaften. Er vereinbart über die IOM, welche Leistungen, wie lange und über welches Rückkehrprogramm der Rückkehrer bekommen wird. Und schließlich organisiert er die Rückreise selbst, inklusive Flugtickets und Auszahlung des Bargeldes.

„Das REAG/GARP Programm hilft Ihnen in Ihr Herkunftsland zurückzukehren oder in ein anderes Land weiterzuwandern. Es unterstützt Sie bei der Organisation der Reise und übernimmt die Kosten für das Reiseticket. Weitere Unterstützung zur Reintegration gibt es für viele Länder durch das Programm StarthilfePlus.“, wird auf returningfromgermany.org erklärt.

„Wieviel Hilfe Sie erhalten können, hängt von Ihrer Staatsangehörigkeit und anderen Faktoren ab.

So könnten Sie unterstützt werden:

Flug- oder Busticket,
Fahrtkosten vom Wohnort zum Flughafen oder (Bus-)Bahnhof,
Geld für die Reise (Reisebeihilfe): 200 EUR pro Person* (100 EUR pro Person unter 18 Jahren),
Medizinische Unterstützung: während der Reise (zum Beispiel Rollstuhlservice, medizinische Begleitperson) und im Zielland (maximal 2.000 EUR für bis zu drei Monate nach Ankunft),
Einmalige Förderung: 1.000 EUR pro Person (500 EUR pro Person unter 18 Jahren, pro Familie maximal 4.000 EUR)“.
Wenn also eine Familie mit zwei Kindern ausreisen möchte, kann sie Flugtickets, den Weg zum Flughafen, 600 Taschengeld, 2000 Euro für Arztkosten und bis zu 4000 Euro als einmalige Förderung auf die Hand bekommen. In vielen Herkunftsländern können Menschen Monate, wenn nicht Jahre von solchen Summen leben. Dieses Geld zu erhalten, ist alleine schon lukrativ genug, um nach Deutschland zu kommen – um dann nach ein paar Monaten oder Jahren in das Heimatland zurückzukehren.

Der Berater überprüft ebenfalls, ob der Rückkehrwillige in ein Reintegrations-Programm kommen kann. Solche Programme gibt es für über 50 Zielländer. Sie bieten finanzielle Unterstützung, Unterstützung im Bereich Wohnen und Unterstützung für „Personen mit Langzeitduldung“, bei den zwar die Notwendigkeit einer Reintegration noch irgendwie erklärt werden müsste. Doch bei genauerem Betrachten stellt es sich heraus, dass „Langzeitduldung“ lediglich bedeutet, dass jemand „nachweislich seit mindestens zwei Jahren in Deutschland geduldet wird“. Es reichen also schon ein paar Jahre Aufenthalt aus, um in das Herkunftsland „reintegriert“ werden zu dürfen.

JRS-Programm (Joint Reintegration Services) bietet zum einen Kurzzeit-Unterstützung wie eine „Post Arrival Package/Post Return Package“ für bis zu drei Tage nach der Ankunft. Darunter fallen „Flughafenabholung, notwendige Übernachtungen, Weitertransport zum Zielort sowie Medizinischer Zusatzbedarf.“ Zum anderen gibt es Langzeit-Unterstützung in Form des „Post Return Package“ – bis zu 12 Monaten nach der Ausreise“, bei dem zwar „grundsätzlich nur Sachleistungen“ wie Wohnungssuche oder Beratung zu Arbeitsmöglichkeiten gewährt werden. Doch hier kann das Geldäquivalent mehrere tausend Euro für eine Familie betragen:

„Die Höhe der Unterstützung orientiert sich an folgenden Beträgen:

Freiwillige Rückkehr (Hauptantragsteller/in): 2.000 EUR,
jedes weitere Familienmitglied: 1.000 EUR,
Kurzzeitunterstützung innerhalb von 3 Tagen nach Ankunft einmalig 615 EUR,
Rückgeführte Personen: 1.000 EUR“

Einmal Geld holen und zurück

Eine große Zielgruppe für freiwillige Rückreise sind die bereits erwähnten Migranten, die visafrei oder mit einem Touristenvisum bis zu drei Monate in Deutschland bleiben dürfen. Das sind zum Beispiel türkische Staatsangehörige. Sie beantragen Asyl, um Sozialleistungen nach dem Asylbewerberlesitungsgesetz zu bekommen und – wissentlich, dass sie höchstwahrscheinlich einen Ablehnungsbescheid bekommen werden – stellen einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Nehmen sie noch frühzeitig ihren Asylantrag zurück, bekommen sie eine „Belohnung“ zu den regulären Rückkehr-Hilfen dazu. „Sie reisen ohne Ablehnung schnell aus, damit sie bei einer Aufenthaltszeit von unter drei Monaten bleiben. Mit ‚Mitnahme‘ der Rückkehrhilfen plus 500€ für frühzeitige Ausreise.“, sagt die Insiderin aus der Rückkehrberatung.

Im letzten Jahr sind 7.877 Menschen deutschlandweit über das System der freiwilligen Rückkehr ausgereist. Das kann wie eine sehr geringe Zahl erscheinen, wenn man bedenkt, dass sich aktuell knapp 280.000 ausreisepflichtige Migranten in Deutschland aufhalten. Doch schaut man auf die Zahl der Abschiebungen – 12.945 im Jahr 2022, dann sind 7.877 freiwillige Ausreisen viel. Die meisten dieser Menschen haben das System ausgenutzt und viel Geld vom Staat erhalten, einige von ihnen mehrere tausend Euro. Alleine schon solche Beträge sind lukrativ genug, um nach Deutschland zu kommen – um dann nach ein paar Monaten oder Jahren in das Heimatland zurückzukehren. „Na, klar… sie veräppeln uns doch…“, bestätigt die Insiderin aus der freiwilligen Rückkehrberatung die Vermutung, dass das System von vielen missbraucht wird. Doch vorwerfen kann man es ihnen nicht, denn das System Asyl lässt neben vielen anderen auch diese Form des Missbrauchs zu. Und solange es das zulässt, geht es beim Scholz’schen „im großen Stil“ vielmehr um Ausnutzung eines löchrigen Systems als um dessen Optimierung. Und das alles auf Kosten der Steuerzahler.

„Hetzjagd“ gegen Polizisten: Ampel beschließt umstrittenes neues Disziplinar-Gesetz
Der Bundestag hat ein Gesetz angenommen, das vorsieht, dass Beamte künftig ohne Gerichtsurteil aus dem Dienst entfernt werden können – u.a. wegen Volksverhetzung. Gewerkschaften äußern heftige Kritik.

Von Redaktion


Der Bundestag hat am Freitag im Bundestag ein umstrittenes Gesetz angenommen, das faktisch eine Beweislast-Umkehr für Beamte darstellt. Zuvor gab es heftige Kritik, u.a. vom Deutschen Beamtenbund. Das Gesetz sieht vor, dass Beamte in Zukunft per Verfügung der eigenen Behörde aus dem Dienst entfernt werden können. Bisher war das nur im Rahmen der Disziplinarklage und einem Gerichtsurteil möglich. Jetzt können Beamte lediglich gegen die bereits rechtskräftige Kündigung klagen. Auch eine Verurteilung wegen Volksverhetzung soll für eine Entfernung aus dem Dienst ausreichen. Für das Gesetz stimmten die Ampel-Fraktionen, Union und AfD stimmten dagegen, die Linke enthielt sich.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft spricht von einem „Generalverdacht gegen Beschäftigte“. Der Entwurf enthalte keine Regelung, „die die Beamtinnen und Beamten vor missbräuchlicher Nutzung des Disziplinarrechts schützt.“

Man fragt außerdem: „Müssen Polizeibeamtinnen und Beamte künftig damit rechnen, dass sich ein anonymer Hinweisgeber auf das neue Hinweisgeberschutzgesetz beruft, um unerkannt ein Gerücht an den der Ampelregierung angehörigen neuen Polizeibeauftragten zu streuen, dieser dann seine Ermittlungskompetenz walten lässt und die zuständige Behörde (BMI) erst einmal sicherheitshalber die Entfernung aus dem Dienst vornimmt? Schließlich kann sich der entlassene Beamte im Rahmen des Widerspruchs vor Gericht wieder in den Dienst hinein klagen.“

Weiter heißt es: „Das Vertrauen in diese Ampelregierung ist damit zumindest aus Sicht der DPolG Bundespolizeigewerkschaft nachhaltig zerstört.“ Heiko Teggatz, Vorsitzender der Gewerkschaft spricht von einer „Hetzjagd“ gegen Beamte.

Die Bundesregierung begründet dies mit der Dauer von durchschnittlich vier Jahren für eine solche Disziplinarklage. Man wolle sich effektiv vor Verfassungsgegnern schützen.

Von Blog für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde

Nein zu intoleranten Ideologien aller Art, die für sich in Anspruch nehmen, Menschen einem inhumanen, gottlosen, intoleranten Denken zu unterwerfen. Darum meine Ablehnung des Islam, meine Kritik an allen Formen des Sozialismus. Gerade aber heute auch meine Ablehnung der zwanghaften, kranken, entwürdigenden, menschenverachtenden Einschränkung der Kommunikation durch Gesichtsverhüllung, FFP2-Biotope, Abstandszwang, Impfzwang. Dazu gehört erst recht der Nazi-Sozialismus. Ein Kollektivismus, der die Eugenik, die Aussonderung von Menschen, zum Ziele hat. Ein weltweit erkennbarer Plan der Reduktion der Weltbevölkerung auf 500 Mio unter dem Vorwand von "Viren" (die man nie beweisen konnte bisher), biotechnischen Waffen, biochemischen Manipulationen des Menschen, seiner Umwelt, der Luft, des Wetters. - Ich unterstützte früher Grüne und SPD. Ich bin katholisch geprägt, lese die Bibel aus einer hebräischen Übersetzung und Sicht, sehe in Jesus Christus das Gesicht Gottes und finde ihn in jedem Du, das sich menschlich verhält. - Ich bin frei und unabhängig und unterstütze die Demokratie des Grundgesetzes. Vor allem aber sind mir Menschenwürde und Respekt vor dem Individuum wichtig. Das fand ich bisher nur in Judentum, Christentum, aber auch z.B. im tibetischen Buddhismus und im Humanismus. Aber enttäuschend ist, dass alle Religionsgemeinschaften sich dem Diktat der Pharma- und BigTech-Zielsetzung der Georgia Guidestones unterworfen haben. Damit hat sich diese Religionswelt vom Gott Abrahams, Isaaks, Jakobs und Jesu verabschiedet. Der Satan hat die Macht ergriffen, aber Gott wird durch Jesus Christus richten. Und dass er auferstanden ist und wiederkommen wird in Herrlichkeit, das ist für mich gewiss. Dafür bete und lebe ich; und ich bin damit nicht allein. - - Die Geschichte Deutschlands seit dem 30jährigen Krieg infolge der Reformation durch Luther und infolge der unbarmherzigen Bauernkriege, die Zerstörung der Klöster durch die ungebildeten Horden, all das finde ich auch seit dem Auftreten Mohammeds, des Schlächters. Das soll uns wachsam machen. Antisemitismus, Rassismus und Faschismus, Islam und Sozialismus, Kommunismus, Maoismus etc. lehne ich ab. Ja zu Israel, ja zu Deutschland, ja zur Freiheit, Demokratie und zum Glauben an den Schöpfer, der uns Leben und Geist geschenkt hat. Ja zum Leben. Aber nein zu eugenisch motivierten genetischen Zerstörungen der Schöpfung.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.